Review: Mc Rene – Irgendwas Stimmt (2021)

artwork: Bioniq

Irgendwas Stimmt bei MC Rene. Und soviel gleich vorweg: es ist schon mal nicht das aus der Zeit gefallene Artwork. Der Inhalt stimmt dafür dann umso mehr und schafft, was dem Platten-Cover abgeht: Oldschool-Vibes schmackhaft und frisch aufzutischen, ohne einen faden Nachgeschmack zu hinterlassen. Statt der suggerierten bleichen Rückwärtsgewandtheit ist die neue Scheibe nämlich geradezu farbenfroh und tendiert eher Richtung zeitlos.
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Wobei man sagen muss, dass die optische Aufbereitung nun auch keine komplette Mogelpackung ist. Reminisced wird hier nämlich durchaus. Das fängt bei den Oldschool-Boom-Bap-Beats an, spinnt sich über gesampelte Deutschrap-Klassiker (besonders pikant: Kool Savas in Text Von ’94) weiter und endet in den zahlreichen Rap-geschichtsträchtigen Zitaten. Egal ob die nun vom Wu-Tang Clan (X-Kalibur / S.T.R.E.A.M.), Freundeskreis (Abfindungssache) oder aber aus dem eigenen Back-Katalog stammen. Zu nennen wären hier beispielsweise Anomalie (greift die bekannte Return-Of-Hip-Hop-Line auf), Text Von ’94 (schmückt einen alten Freestyle-Part neu aus), Renevolution (huldigt der eigenen Debüt-LP) oder Edelwesen (recyclet gleich die ganze Hook von Nur Lebenslänglich):

Das der Spagat von der Rückschau ins Heute so gut gelingt ohne antiquitiert rüberzukommen, liegt zum einen am konstant hohen Niveau der gefeatureten Beatschrauber-Garde (Figub Brazlevičthe intern, KOE The Flavekid, 7apes, Jules Hiero, Radsch, Jay Spaten) und zum anderen an den Erzählerqualitäten von MC Rene, der über den Werdegang seiner letzten drei Alben endgültig seine Stimme gefunden hat. Und die ist anno 2021 um einiges tiefer als man sie womöglich in Erinnerung hatte. Erzählen tut sie uns z.B. vom Umgang mit Kritik (Abfindungssache), vom Ankommen (Ich Kehre Heim) oder gibt den Hatern auch mal lässig Fruchtfleisch. MC Rene demonstriert auf satten 19 Tracks seine unanfechtbare Expertise als echtes Deutschrap-Urgestein, zieht Kraft aus jeder Ehrenrunde und feuert Zeilen aus Reflex für den Reifeprozess. Unverbittert, ehrlich, glaubhaft, unegoistisch Ich-Bezogen und hin und wieder auch mal mit einer Prise Wut.

Die von Figub betreute Produktion ist darüber hinaus sowieso über jeden Zweifel erhaben. Überwiegend im Midtempo-Bereich angesiedelt laden die Tracks mal jazzy (Ich Kehre Heim), mal entschlackt (Abfindungssache), mal relaxed (Nicht Fisch, Nicht Fleisch), mal dirty experimentell (Mikrofon-Baron) zum entspannt lässigen Kopfnicken ein. Hinzu gesellen sich Cuts und Scratches von DJ Rookie und DJ Cutrock sowie illustre Featuregäste am Mic (Flo Mega, Der Buttler, Bico, Classic Der Dicke, Die P & Terra Pete). Auch der federführende Produzent wird gleich für zwei Tracks (Gleich Gültig, Irgendwas Stimmt) vors Mikro gezerrt, was ausgezeichnet funktioniert.

Wer den Background von MC Rene kennt weiß, durch welche harte Schule der nunmehr 45-Jährige gegangen ist. Umso schöner zu sehen, dass Reen mittlerweile ein lauschiges Plätzchen im Underground gefunden hat und sich sein Stellenwert innerhalb der Szene gerade im Verlauf der letzten Jahre hin zur verdienten Wertschätzung entwickelt hat. Objektiv und nüchtern betrachtet sein bestes Album to date!

Gute Musik braucht keine Zeitansage!

Anspieltipps: Nicht Fleisch Nicht FischAnomalie, Libéro

Irgendwas Stimmt im Stream:

Irgendwas Stimmt gibt’s auf allen gängigen Plattformen (z.B. Spotify) im Stream oder aber als CD und Doppel-LP. Letzteres Format ist gerade wohl vergriffen. Repress ist aber im Gespräch.

VÖ: 22.01.2021 via Krekpek Records

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