Review: Muso/Erlangen/23.05.2014

muso-live

Alter. Wollen wir heut auf dj bobo für 12,50? 
Wäre in nürnberg und ein super schnäppchen :-)

Die Antwort auf diese SMS konnte natürlich nur JA lauten. Die ursprüngliche Abendgestaltung sah zwar tendenziell eher Erholung vor, aber wenn der King of Dance in die Manege lädt lässt man sich natürlich nicht lange bitten. Somit waren Körper und Geist in Windeseile im Konzertmodus und fieberten vorfreudig dem Abend entgegen. Dann die Entäuschung: Die über Dritte angebotenen Schnäppchentickets waren in letzter Sekunde dann doch nicht mehr verfügbar. Schade, aber unverhofft kommt oft und die Abendplanung sollte eine erneute Kehrtwendung erfahren. Anruf der gleichen Person:

Alter. Ist Muso nicht der Rapper den du so geil fandest? 
Der spielt heut nämlich auf nem Festival im E-Werk. 
Kostet 16 Euro. Hättest du da Bock drauf?

Die Antwort auf diesen Anruf konnte natürlich nur JA und nochmals JA lauten. Ist Muso für mich doch tatsächlich nichts weniger als die Deutschrapsensation 2013 und das aktuelle Album Straciatella Now bei mir auf Dauerrotation, wenn auch nicht auf Anhieb. Denn die Musik des Wahlheidelbergers ist verhältnissmäßig sehr vertrackt, deep und braucht viel Zeit. Dazu kommt, dass die meist melancholischen Tracks nicht besonders partytauglich sind. Ein Umstand den Muso an jenem Abend zu spüren bekommen sollte…

Denn das frische Indoor-Festival Unter einem Dach des Erlangener E-Werks erstreckt sich über drei Floors. Generell zwar alles andere als schlecht besucht, scheint sich ein Großteil der Besucher während Musos Set allem Anschein nach auf den Konzerten der parallel spielenden Golden Kanine oder bei Die höchste Eisenbahn zu vergnügen statt sich düsteren Synthieblöcken hinzugeben. So befinde ich mich mit ca. 20 Nasen schon von Beginn an allein auf weiter Flur, was sich auch während dem etwa 40 minütigen Set nicht großartig ändern sollte…

danil
Chillung mit Muso

Zwar freut man sich immer wieder geschätzte Künstler in solch einem intimen Rahmen erleben zu dürfen, doch muss man sich am heutigen Abend schon stark wundern: Mit beinahe 12.000 Facebook Followern, Zusammenarbeiten mit beispielsweise Get well soon und Probs deutscher Hip Hop Größen wie Curse oder den Stieber Twins ist Muso eigentlich bei weitem kein Unbekannter mehr. Nimmt man dazu noch den Fakt, dass der gerne mal als „nächster Casper“ gehandelte Newcomer bei Chimperator gesignt ist (immerhin Heimat von Cro und damit mehr als angesagt), darf man sich ob des geringen Interesses Seitens der Zielgruppe schon ein wenig den Kopf kratzen.

Aber sei’s drum. Wie mir der sympathische Boy im kurzen Schnack nach der Show mitteilte, schätzt er solche kleinen Shows sehr und der Stimmung tat es ohnehin keinen Abbruch. Zu mitgebrachten Beats aus der Konserve und verstärkt durch den Percussionisten Jan Schirrmacher ging es routiniert aber mit Eifer und Seele durch das bisherige Schaffenswerk aus eingangs erwähntem Debutalbum und der Malibu Beach EP (free download btw.).

Neben den vermeintlichen Hits Die alte Ruine, Malibu Beach, Garmisch-Partenkirchen, Blinder Passagier und witzig sympathischen Ansagen über Hunde oder Jacky Cola gabs auch eine A cappella Nummer, welche die wohl roughe Kindheitsgeschichte des Protagonisten thematisierte, sowie zwei vielversprechende, brandneue Titel. Stylistisch schlägt das neue Material in die gleiche Kerbe womit man wohl auch beim kommenden Album nicht mit fadem 08/15 Rapshit rechnen sollte. Will heissen: Sehr eigen! Und das ist eine Eigenschaft die man ihm in jedem Falle zugestehen muss, an der sich aber auch weiterhin die Geister scheiden werden.

Das z.B. nie wirklich durchgeflowt wird, scheint viele zu nerven und gern mal als stümpferhaft aufgefasst zu werden. Mitnichten sage ich, feier gerade das und fühlte mich auch live durch die vertrackte Rhythmik der Worte ein ums andere Mal positiv an meine Deutschrap-Favs Doppelkopf erinnert. Darauf angesprochen outet sich der nach der Show übel durchgeschwitzte Disko Muso auch prompt als Fan. Bleibt zu hoffen das ihm nicht deren Schicksal zu Teil wird um als verkanntes Genie in die Analen der Musikgeschichte einzugehen.

Den Anwesenden Menschen jedenfalls schien es gefallen zu haben und auch ich und meine Begleitung sind nach dem Konzert sehr zufrieden in die Nacht gezogen. Super Konzert das die Vorfreude auf die nächste Platte bei mir ordentlich geschürt und Farben hinterlassen hat. Der Mann meint es ernst, dass hat man gemerkt. Wer nach Frischem und Aufregendem im deutschen Hip Hop – Sektor sucht dürfte bei Muso fündig werden. Sowohl live als auch auf Platte. Die Chance ist groß, Orange, Rose:

Der Rest hört weiter altbewährtes à la DJ Bobo

Kommentare

Eine Antwort zu „Review: Muso/Erlangen/23.05.2014“

  1. […] Muso untermauert auch 2016 die Veilseitigkeit des Genres mit einer unkonventionellen, experimentellen, interesanten, mutigen und einzigartigen Platte, die gerade lyrisch ihresgleichen sucht und sicherlich polarisiert. Gut so! […]

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