Review: Aufbau West – Zweitbester (2014)

Fotoquelle: Fleet Union

Das Debutalbum Zweitbester der Ostwestfalener Combo Aufbau West steht nach dreijährigem Entstehungsprozess in den Startlöchern.

Nach gefeierter EP, Jennifer Rostock – supporttour und Konzerten in Vietnam, stehen die Zeichen nun schwer auf Sturm!

 

 

 

Überhaupt Vietnam: Die Brücke zum Einstiegssong lässt sich nicht nur zur, vom Goethe Institut gesponserten, Minitour schlagen. Auch Kampf und Krieg – Begriffe, die man unweigerlich mit dem Land assoziiert – sind hier tatsächlich Programm. Laut Pressetext ist Zweitbester durchaus als Kampfansage zu verstehen. Den Krieg hat man dabei bereits im Vorabtrack Und das ist erst der Anfang gleich mal der halben deutschen Poplandschaft angesagt. Von den Hosen über Tim Bendzko und Frida Gold bis hin zu Clueso: Hier kriegt jeder sein Fett weg.

„Lange genug ham Bands sich alle gut gefunden und lange genug grinsen 
sich Rockmusiker an erzählen wie gerne sie sich mögen. Zu Hause schimpft 
man dann über die oder so. Das war einfach so geil und so befreiend zu 
sagen, dass die alle stinken. Das alle gerne unsere Feinde sein dürfen.“ 
(Aufbau West Sänger Florian Berres)
 

„Wir sind die andern“ schreibt man sich dann selbst auf die Fahne um sich von der Konkurrenz abzugrenzen. Bezeichnend nur, wenn man sich dann im Sound kaum vom derzeitigen Standard unterscheidet. Und genau da liegt für mich auch das Problem, das btw. nicht nur mir ins Auge sticht:

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Was die Band selbst als wütende Punkattitüde versteht, ist dann auch nur gerade so auflehnend, wie es das enge Popkorsett eben hergiebt und bei genauerer Betrachtung in etwa so aufgesetzt rebellisch wie Lukas Hilberts‘ Sturm & Drang Phase seiner unsäglichen Band Roh oder meinetwegen auch Revolverheld.

Dabei hätten Aufbau West all das Gekeife und Gespitte garnicht nötig, hat man es doch im Grunde genommen mit einer guten Popproduktion zu tun. Der Mix aus verhaltenem Indierock und eckigem Elektropop wird gespickt mit dezenten Hip-Hop Anleihen, die vor allem auf dem groovigen und sehr tightem Drumming basieren. Die Produktion von Dennis Scheider ist tadellos und dürfte dem geneigten Radiokonsumenten ohne weiteres easy reingehen. Dazu wird gerne mit Retrobegriffen um sich geworfen, was einem Schneevongestern-fan wie mir dann sogar auch ein Lächeln abgewinnen kann. Alsdawären: Kurt Cobain, The Cure, Shakira, R.E.M., Fräulein Flodders, Teenage Dirtbag, Bono, die Lindenstraße und viele bunte Smarties. Aufgrund von cleverem Songwriting könnte man auch die Band selbst getrost als Smarties bezeichnen: Die Songs beissen sich fest, ob man will oder nicht. Das kann bei einem eher nervigen Stück wie Zu jung für R.E.M. mal unangenehm sein, oder bei gelungeneren Tracks wie Die sicher schlimmste Wahl (im Feature: Jennifer Weist) oder dem mit einem sehr charmanten Video versehenen Titelsong auch mal absolut klargehen.

Für meinen Geschmack ist mir Zweitbester im Großen und Ganzen dennoch zu glatt und mir die Grundhaltung, mit diesem ganzen provokanten Effekthascherfrechdachstum, auch etwas zuwider bis unsympathisch. Wird aber auch ohne meine Zustimmung definitiv seine Freunde und Fans finden. Womöglich sogar zu Recht… ist ja alles immer objektiv und am besten macht sich jeder selbst ein Bild davon. Ich persönlich tendiere dann aber doch eher dazu, die eröffnenden Worte der Platte zu zitieren: „Ich denke schon es ist okay, wenn wir uns nicht mehr wiedersehn…“

Trackliste:

01. Vietnam
02. Und das ist erst der Anfang
03. Von Hellersdorf bis Rotterdam
04. Die sicher schlimmste Wahl (feat. Jennifer Weist)
05. Deine Mutter (Du Armer)
06. Zu jung für R.E.M.
07. Zweitbester
08. Lindenstraße & Cardigans
09. So große Gegenstände
10. Lichter Aus
11. Kiloweise Realness

Zweitbester ist ab dem 21.11.2014 erhältlich. Bei Interesse kauft man am besten gleich die limited Edition mit Remixen und Neuinterpretationen von z.B. Wir Sind Helden, U3000 oder Juli – Produzent Tobias Siebert.

Veröffentlichung: 21.11.2014 via Fleet Union / Indigo / Finetunes

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