„Yes… I know where it is… why do you wanna go there? It’s FORBIDDEN!“ Woher wir außerdem von der seit 1978 geschlossenen Psychatrie wüssten, will die sehr nette Dame in Volterras Touristen-Information von uns wissen. „Internet“ oder „Urban Exploration“ scheinen ihr fremd. In letztgenannter Szene, ist das Ospedale Psichiatrico Volterra natürlich bekannt wie ein bunter Hund und durch mediale Ausschlachtung diverser Internetseiten auch längst kein Geheimtip mehr.
Zweifelhafte Behandlungsmethoden, vergitterte Fenster, unzureichende sanitäre Anlagen, Elektroschock-Züchtigungen und untersagter Kontakt zur Außenwelt: für rund 6000 gleichzeitig untergebrachte Patienten seinerzeit der schrecklich unmenschliche Alltag. Traurigerweise kein Einzelfall. Zur damaligen Zeit soll es in Italien eine ganze Handvoll ähnlich agierender Einrichtungen gegeben haben. Die Missstände dämmerten der dortigen Regierung schließlich, worauf derartige Institutionen im Zuge einer Reform gleich reihenweise geschlossen wurden.
Weiterhin erlangte die Klinik zusätzliche Berühmtheit durch ihren bekanntesten Insassen Fernando Oreste Nannetti. Mithilfe einer Gürtelschnalle gravierte er über die Jahre ein autodidaktisches Kunst- und Schriftwerk in die Wände und Außenfassade der Klinik. Eine poetische Geschichte über das Raum-Zeit-Gefüge, Paralleluniversen und krude Lebensformen. Science-Fiction, wenn man so möchte. Aufgrund Beamtenbeleidigung ‚infhaftiert‘, verbrachte Nannetti einen Großteil seines Lebens in psychatrischer Behandlung. Viele Jahre davon in Volterra. Er starb 1994 in Freiheit.
Der große Gebäude-Komplex der Klinik steht auch heute noch, wird von der Natur zurückerobert und strahlt eine unsagbar große Traurigkeit aus. Ruhig ist es hier in der Dämmerung. Die Scheiben sind zertrümmert, die Türen stehen offen. Der Zugang wäre ein Leichtes… warum wir trotzdem kneifen? Natürlich spielt die Angst ein wenig mit rein, klar. Wohlgemerkt aber nicht die vor bösen Schreckgespenstern, sondern vielmehr vor der Strafe der italienischen Justiz. Keinen Schimmer, wie Hausfriedensbruch hier gehandhabt wird. Aber ehrlich, derartige Bedenken sind zweitrangig und auch auf die Gefahr hin, dass das ultra-cheesy kommen mag: Primär ist es der Respekt, der uns zurückhält. Respekt gegenüber all dem Leid, das hinter diesen Mauern stattgefunden haben muss. Unsere Sensationsgier ist besiegt worden. Wahrscheinlich das mit Abstand gruseligste an diesem Tag…
Die Klinik ist relativ easy zu finden und gut erreichbar. Rücksicht und Achtung beim Besuch bitte nicht vergessen!
Eindrucksvolle Fotos von Klinikkomplex und dem zugehörigen Friedhof schaut man sich am besten vom Profi Carlo Tardani an. Hier geht’s lang! Eine Art Doku scheint es übrigens auch zu geben… einen kleinen Ausschnitt gibt es hier.
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