Ich geb es ja zu: Ich fand Paris Berlin schon doof, da hatte ich noch keinen Ton von der darauf enthalten Musik gehört. Schon allein die gleich doppelt im Titel enthaltene Großstadt – Glorifizierung gekoppelt mit dem kindlichen Artwork genügte mir um das Album erst einmal mit Missachtung zu strafen. Kindlich banal auch die deutschen Texte zu Lass Uns Fahren, Wie Wunderschön, Neben Dir und Berlin. Gerade letzteres brachte mich schon beim lesen des Textes auf die Palme.
Beispiel gefällig? „Sein Kopf tut ihm bisschen weh / Gestern war wieder Schlägerei / Der Pogo war so krass, oh je / Die Welt ist eine Schweinerei / Berlin… / Du weisst ich liebe dich so viel.“ Und so weiter und so fort… Fair enough: Antoine Villoutreix ist kein Muttersprachler, weshalb man bei seinen deutschen Texten sicherlich ein Auge zudrücken sollte. Und ja: Man könnte solch reduzierte Zeilen wie „Wie wunderschön wäre die Welt ohne Bomben, ohne Kriege“ auch ganz bestimmt als ‚unmittelbar‘, ‚ungekünstelt‘ und ‚authentisch‘ betiteln und gutheißen. Ich allerdings pack die bisher genannten Stücke leider auch unter Einbezug genannter Denkansätze beim besten Willen nicht. Weder in ihrer schriftlichen noch in ihrer vertonten Form.
Glücklicherweise gibt es aber noch ein zweite Hälfte von Paris Berlin entdecken. Wie es der Titel erahnen lässt, stellt diese das Pendant zur deutschsprachigen Berlin – Seite dar und ist demnach selbstverständlich in französischer Sprache gehalten. Diese lässt schon eher aufhorchen und steht dem Musiker meiner Meinung nach um einiges besser. Attribute wie ‚ungekünstelt‘ und ‚authentisch‘ wollen denn nun auch um einiges besser greifen.
Mag die Melange aus Folk und Chanson mit gelegentlichen Zitaten aus Swing, Reggea und Rock auch in französischer Sprache leider nicht so wirklich mein Fall sein, lässt sich ihr ein gewisser Charme jetzt nur noch schwer absprechen.
Tief und rauchig legt Villoutreix seine Stimme in ein federleichtes, weiches Bett aus akustischen Gitarren, Piano, Kontrabass, sanften Trommelschlägen, Streichern und gelegentlichen Bläsereinsprengseln. Ansprechende Arrangements und eine warme Produktion runden die Platte ab, die in ihren schönsten Momenten (Alright und Le Jour Qui Se Lève) einer sommerlichen Radtour durch die mediterranen Blumenfelder der französischen Provence gleichkommt. „Da wo die Sonne immer scheint…„
So wie es dem Protagonisten der Platte schwerfällt sich zwischen zwei Städten zu entscheiden, so fällt es auch mir letztlich schwer ein Urteil über Paris Berlin zu fällen. Doof, wie im Vorfeld befürchtet, finde ich es an manchen Stellen leider tatsächlich. An einigen anderen dafür sogar richtig schön. Im Culture – Clash Paris vs. Berlin siegt für mich jedenfalls ganz klar die Stadt an der Seine. Aber das wusste ich auch schon vorher…
Ganz egal aber Wie Wunderschön die Musik von Antoine Villoutreix meiner Einschätzung nach nun sein mag oder eben nicht: Sie wird ihre Abnehmer finden und betanzt werden. Da darf man sich sicher sein. Nicht zuletzt dank dieser Gewissheit hat man sich als Releasedate wohl mit dem 29.04 siegessicher den Welttag des Tanzes auserkoren. C’est super!
Anspieltipps: Alright, Le Jour Qui Se Lève
Paris Berlin im Stream:
Paris Berlin gibt ist hier als Vinyl (20€) oder CD (15€) erhältlich!
Released: 29.04.2016 via Sungroove
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