Review: The Master And Margarita (Roman)

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Da wurde doch tatsächlich noch nie ein Buch hier besprochen. Dabei liegt das nicht etwa daran, dass man sich nicht dann und wann die ein oder andere Lektüre zu Gemüte führen würde. Zugegeben, seit dem Zeitalter der Internetsucht wird das Vergnügen zunehmend weniger, aber es geschieht schon noch hin und wieder. Bewusst abgekapselt von digitalen Medien, bietet beispielsweise eine Reise die perfekte Gelegenheit um sich literaturtechnisch mal wieder etwas upzudaten. So konnte ich mich beispielsweise erst kürzlich vergewissern, dass Silence Of The Lambs,  A Clockwork Orange oder Twenty Thousand Leagues Under The Sea zu Recht das Prädikat ‚Klassiker‘ tragen während es sich hingegen bei einem  Axolotl Roadkill um ganz groben Unfug handelt. .

Aber wem erzählt man das? Dürfte ja gemeinhin bekannt sein… Etwas anders verhält es sich nun aber mit THE MASTER AND MARGARITA, dem letzten und bekanntesten Roman des russischen Schriftstellers Michail Bulgakov. Hier von einem Geheimtipp zu sprechen wäre natürlich schlichtweg lächerlich. Das (zumindest in meiner Ausgabe) 445 Seiten starke Schriftstück wird nämlich ebenfalls als Klassiker gehandelt, dürfte aber mit ziemlicher Sicherheit nicht jedem ein Begriff sein – Literaturkenner mal ausgenommen. Empfohlen wurde mir das Buch von einem engen, sehr belesenen Freund, auf die Frage hin, was denn sein liebstes Werk sei, das den Teufel als Protagonisten beinhaltet. Fasziniert von Plot und Optik haftete mir der Titel etwa fünf Jahre im Hinterkopf, ehe mir das gute Stück dann 2017 auf einem italienischen Flohmarkt in die Hände viel. Gegen einen kleinen Obulus eingepackt, hatte ich dann diesen Sommer endlich Zeit und Muse mich mit dem Roman auseinanderzusetzen.

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Nun aber zum wesentlichen Inhalt: Satan höchstpersönlich stattet dem Moskau der 20er/30er Jahre einen Beusch ab und tritt dabei nicht etwa als furchteinflössender Fürst der Finsternis sondern als listige, kultivierte, wortgewandte und dandyeske Figur in Erscheinung. So mag ich meinen Beelzebub! In seinem Schlepptau befinden sich zwei Dämonen, eine spärlich bekleidete Untote und eine menschengroße, schwarze Katze, die nicht nur Zigarre raucht sondern sich auch als begnadeter Scharfschütze entpuppt. Im Verbund stellt man peu à peu die gesamte Stadt auf den Kopf und lässt ihre Einwohner traumatisiert und beschämt zurück. Dazwischen tummeln sich ein desillusionierter Schriftsteller (The Master) und seine heimliche Geliebte/Muse Margarita, denen das Chaos in die Karten zu spielen scheint. Im Verlauf des Romans verweben sich diese beiden Plots mit der Hinrichtung Jesu unter Pontius Pilatus zu einem unterhaltsamen wie faszinierenden Spektakel aus Satire, Anarchie, Mystik, Komödie, Liebe, Gier, Verlangen, tiefer Trauer und grenzenlosem Ideenreichtum à la Lewis Carroll.

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The Master And Margarita hinterfragt unterschwellig Religion sowie Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit, womit nicht zuletzt offen Kritik an der damaligen Soviet Union geäussert wird, deren Zensur Bulgakovs frühe Werke regelmäßig zum Opfer fallen sollten. Tragischerweise blieb es dem Schriftsteller vergönnt die Veröffentlichung und den großen Erfolg seines Magnum Opus mitzuerleben. Die Endfassung seines Meisterwerks, an dem er seit 1928 tüfftelte, diktierte der an Nephrosklerose erkrankte Schriftsteller seiner Frau kurz vor seinem Tod im Jahr 1940. Erst 1966-1967 sollte der Roman Häppchenweise in einer russischen Literaturzeitschrift er-scheinen. Die ungekürzte Fassung sogar erst 1973.

Bulgakovs Schwanengesang ist ein wahnsinnig vielschichtiges Werk aus dutzenden Ebenen, das zum munteren Interpretations- bzw. Assoziationsspiel einlädt und zahlreiche Querverweise beinhaltet. So wird beispielsweise ganz deutlich das Dualismus-Motiv aus Goethes Faust (das im Storyverlauf sogar explizit genannt wird) aufgegriffen wie auch Dantes Gedankengut (wahlweise Gedantengut) aus dessen Göttliche(r) Komödie geschickt weitergesponnen und somit auf ähnliche Art und Weise mit dem Weltlichen abgerechnet wird. Echte Kenner und Denker tauchen da natürlich noch viel tiefer ein… funktioniert aber glücklicherweise sonst auch ganz easy als grotesk okkulter Schabernack, wodurch auch ungebildete Literaturnoops (zu denen ich selbstredend zähle) auf ihre Kosten kommen. Kurzum: Ein flächendeckender Hochgenuss und dringende Empfehlung!

Die ins englische übersetzte Version von Michael Glenny, auf die ich mich beziehe, ist im Übrigen allenfalls durch die Fülle russischer Namen etwas verwirrend, sonst aber durchaus machbar. Ansonsten spricht sicher auch nichts gegen die aktuelle deutsche Ausgabe. Wer noch einen weiteren Kaufanreiz benötigt, dem sei noch gesteckt, dass sich Mick Jaggers Lyrics zu Sympathy For The Devil auf den Teufel aus Michail Bulgakovs Geschichte beziehen. Sagt man sich zumindest so…

Holt man sich!

Kommentare

Eine Antwort zu „Review: The Master And Margarita (Roman)“

  1. […] und das Okkutle sind uns schon bei Kenneth Anger und auch  kürzlich erst im Zusammenhang mit The Master And Margarita begegnet. Die 67er Platte Their Satanic Majesties Request scheint sich da irgendwie einzureihen. […]

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